Farbbeutelanschlag auf das Weltkulturen Museum
Am Wochenende wurde das Weltkulturen Museum Ziel einer Aktion, die sich laut Schablonenschriftzug als antikolonial bezeichnete. Die roten Farbbeutelflecken auf der Fassade der Ausstellungsvilla am Schaumainkai 29 bedurften dieser Erklärung.
Ohne diese hätte die Vermutung einer aggressiv-rassistischen Handlung nahegelegen, gingen doch alle Farbbeutelwürfe mehr oder weniger in Richtung des Ausstellungsbanners, das das Projekt der Ko-Kuratoren der laufenden Ausstellung anzeigt. In diesem Projekt eines Künstlerkollektivs mit Wurzeln im heutigen Ostindonesien äußern sich molukkisch-niederländischen Frauen zu ihren kulturellen Wurzeln und den Folgen kolonialer Strukturen.
Kulturdezernentin Dr. Ina Hartwig erklärt hierzu: „Ich bin erschüttert angesichts dieses Aktes von Vandalismus ausgerechnet gegen eine Kultureinrichtung, die so klug und differenziert mit dem kolonialen Erbe umzugehen versteht.“
Die Direktorin des Weltkulturen Museums, Dr. Eva Raabe sagt: „Da die Aktion anonym war, kann man nur darüber spekulieren, gegen wen oder was sie sich richtet: Gegen unsere molukkisch-niederländischen Partner? Anzunehmen ist wohl, dass die Akteure, wer immer sie auch waren, sich gar nicht mit den kritisch-reflexiven Inhalten der Ausstellung ‚Weltenbewegend. Migration macht Geschichten‘ auseinandergesetzt haben. Oder war das Weltkulturen Museum als Ganzes gemeint? Was sollte dann kritisiert werden: Seine Ursprünge oder seine Arbeit?“
Den Mitarbeiter*innen des Weltkulturen Museum ist durchaus bewusst, dass Teile der Museumssammlungen kolonialzeitliche Erwerbungen sind und seine Gründung 1904 in der Kolonialzeit stattfand. Gerade deshalb setzt sich das Weltkulturen Museum kritisch mit Themen wie Kolonialem Erbe, Rassismus und sensiblem Sammlungsgut auseinander.
So ging es in der Ausstellung ‚Entre Terra E Mar‘ in Zusammenarbeit mit einem afrobrasilianischen Künstler um die Folgen von Sklaverei und kolonialer Ausbeutung. In ‚Gesammelt Gekauft Geraubt?‘ wurde der sensible Erwerbskontext kolonialzeitlicher Sammlungsobjekte transparent gemacht. Gerade hat das Museum einen Film zusammen mit kanadischen Indigenen produziert. Es steht im permanenten Austausch mit indigenen Aktivisten und hat eine Ausstellung in Kooperation mit Sea-Watch kuratiert. Bereits seit den 1970er Jahren, als in der Öffentlichkeit das Thema Kolonialismus und Rassismus noch gar nicht als wichtig wahrgenommen wurde, engagierte sich das Weltkulturen Museum im Bereich zeitgenössischer Kunst dafür, dass indigene Künstler*innen auch in Frankfurt ihre postkolonialen Erfahrungen zum Ausdruck bringen konnten.
Das Weltkulturen Museum möchte die Urheber dieser antikolonialen Aktion gerne zum Dialog einladen. Ein öffentlicher Dialog bringt allemal mehr Aufmerksamkeit für eine gute Sache als anonymer Vandalismus.
08.12.2020
Dezernat Kultur und Wissenschaft
Pressesprecherin und Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit
Hanna Immich
Brückenstraße 3-7
60594 Frankfurt am Main